Nishi-Shinjuku Tokyo: Wolkenkratzer-Viertel und Geschäftszentrum erkunden

Nishi-Shinjuku (西新宿)

Wolkenkratzer dominieren die Aussicht westlich vom Shinjuku-Bahnhof. Während der goldenen Immobilienjahre schossen diese Blöcke wie Pilze aus dem Boden, als wären es Hotels auf einem Monopoly-Brett. Elf von Japans höchsten Gebäuden stehen in Nishi-Shinjuku. Tokyo gleicht hier verdächtig stark Manhattan.

Wo sich einst die Wasserbecken der Yodobashi-Fabrik befanden, eilen täglich tausende Tokyoter zur Arbeit. Touristen wandeln fasziniert umher, verloren in der Übersetzung. Die chaotische Morgenrush und der streng bemessene menschliche Kontakt, das harte japanische Geschäftsleben verwirrt den Außenstehenden. In Nishi-Shinjuku rast der Tag in Rekordgeschwindigkeit vorbei. Besuche dieses Viertel am liebsten tagsüber, aber komm abends noch einmal zurück. Wenn die Büros schließen und die Salarymen wieder im Bahnhof verschwinden, fällt über Nishi-Shinjuku eine dramatische Stille.

Tipps für Nishi-Shinjuku

Das Viertel Shinjuku ist so groß, dass die Japaner es in Higashi-Shinjuku und Nishi-Shinjuku aufgeteilt haben.

Shinjuku Station

Shinjuku Station in Tokyo
Shinjuku Station zwischen den Wolkenkratzern, Flickr: LuxTonnerre

Sich zu verlaufen ist die Hauptattraktion in Shinjuku Station. Dies ist der geschäftigste Bahnhof der Welt mit mehr als fünfzig Gleisen. Täglich bahnen sich etwa 3,6 Millionen Menschen ihren Weg durch die endlosen Gänge zum richtigen Ausgang. Wie ein perfekt getimtes Ballett rennen Tokyoter aneinander vorbei mit nur einer wichtigen Aufgabe: ohne jemanden zu berühren am richtigen Ziel anzukommen. Hunderte Reiseziele bieten sich an. Millionen Geschichten schlängeln sich täglich durcheinander.

Suche den Bahnsteig für Gleis 9 und schaue durch die Augen des farblosen Tsukuru Tazaki aus dem gleichnamigen Roman von Haruki Murakami. Kannst du in diesem Teil des Bahnhofs dieselbe Ruhe erkennen, die Murakami beschreibt?

Shinjuku Station
Shinjuku Station hat sage und schreibe 200 Eingänge, Flickr: Dick Thomas Johnson

Shinjuku Station kennt eine reiche Geschichte. Der erste Zug kommt hier 1885 an, zu einem Zeitpunkt, als das Viertel noch als Dorf außerhalb der Stadt liegt. Anfang des 20. Jahrhunderts wächst der Bahnhof schnell zu einer der Schlagadern von Tokyo heran. Während einer der heftigsten Nachkriegsproteste 1969 besetzen Studenten tagelang die Gänge des Bahnhofs und singen Protestlieder. Diese Periode beschreibt Murakami wiederum in seinem größten Klassiker „Norwegian Wood“.

Manchmal setze ich mich wahllos bei einen der zweihundert Eingänge und erstelle ein Profil der auffälligsten Passanten. Fasziniert vom Chaos vergesse ich die Zeit.

Am Westeingang des Subaru-Towers ist ein eindrucksvolles und sehr Instagram-taugliches Kunstwerk von Yoshiko Miyashita in die Wand eingearbeitet. Das „Shinjuku-Auge“ beobachtet Passanten aufmerksam. Als einziger Halt ist dies der ideale Treffpunkt.

Metropolitan Government Building

Das Metropolitan Government Building

Mit einem Preisschild von 157 Billionen Yen entwarf Kenzo Tange 1991 den Blickfang von Nishi-Shinjuku. Dieses Rathaus bekam sofort den Spitznamen Steuerturm. Das MGB misst 243 Meter und ragte lange Zeit als höchstes Gebäude über Tokyo hinaus. Architektonisch wirkt es veraltet und doch markieren die meisten Touristen dieses Gebäude als Must-see auf ihrer Liste. Das kommt hauptsächlich durch die atemberaubende und kostenlose Aussicht im rechten Turm.

Ein Liftboy bringt dich in den 45. Stock. So weit das Auge reicht, siehst du nur Stadt. Durch das Glas nach unten zu starren hilft dir, deine Höhenangst zu überwinden. Hier kannst du die wirkliche Größe von Tokyo erst richtig erfassen. An klaren Tagen siehst du in der Ferne die schneebedeckte Spitze des Mount Fuji. Diese Chance ist jedoch sehr gering.

Die meisten Touristen wissen nicht, dass du im 32. Stock von Turm 1 ein spottbilliges, leckeres Mittagessen mit spektakulärer Aussicht bekommen kannst. Die Mitarbeitercafeteria ist für die Öffentlichkeit geöffnet. Fülle erst ein Formular im Erdgeschoss aus und bekomme im Austausch einen temporären Zugangspass. Mittagessen ist von 11 bis 14 Uhr möglich.

Tokyo Chuo Park

Tokyo Chuo Park
Tokyo Chuo Park, manchmal auch Tokyo Central Park genannt, Flickr: Yasuyuki Hirata

Diesen Park beschreiben Reiseführer oft als den Tokyo Central Park. Das scheint mir zu viel Ehre. Jedoch brauchst du hier keinen Massentourismus zu erwarten und genau das kann in Shinjuku attraktiv sein. Kaufe an einem strahlenden Tag eine Bento-Box im örtlichen Supermarkt und setze dich auf eine Bank im Park zwischen die spielenden Kinder und picknicken Salarymen. Den Blick auf die Wolkenkratzer durch die Bäume bekommst du gratis dazu. Du musst nicht mehr nach New York dafür. Du kannst Tokyo-Manhattan einfach von einer Bank in der ersten Reihe bewundern.

Tokyo Opera City Tower

Tokyo Opera City Tower
Der Tokyo Opera City Tower, Flickr: Sun Yin Khoo

Wenn du diesen überlegenen Theatersaal bewundern willst, musst du ein Konzertticket kaufen. Normale Besuche sind leider unmöglich. Der Konzertsaal steht in den Top fünf der Säle mit der besten Akustik weltweit. Tokyo Opera City beherbergt sechzig Geschäfte, mehrere Theater und zwei ausgezeichnete Ausstellungsräume: Opera City Gallery und NTT Intercommunication Center. Diese Kunstgalerien variieren das Jahr über mit einem starken und herausfordernden Programm. Du kannst blind auf den guten Geschmack der Kuratoren vertrauen. Tokyo Opera City ist ein inspirierender Ort, der noch viele Wachstumsmöglichkeiten hat. Auch hier kannst du den Aufzug in den 53. Stock nehmen. Die Aussicht auf das Metropolitan Government Building bekommst du als Extra.

Bunka Gakuen Kostümmuseum

Das interessante Bunka Gakuen Kostümmuseum liegt in der Nähe des Park Hyatt Hotels. Viele Touristen zahlen sich arm für einen Cocktail in der New York Bar des Park Hyatt. Sie wähnen sich kurz als Bill Murray und Scarlett Johansson in „Lost in Translation“. Lass diesen Gedanken los. Du bist weder Bill noch Scarlett und die Cocktails sind so teuer, dass die Magie schnell verschwindet. Bringe lieber einen Besuch im größten Kostümmuseum Japans. Seltsamerweise ist dies keine bekannte Attraktion. Die Bunka Gakuen Universität ist Vorreiter in der Modebildung. Die Museumssammlung enthält zwanzigtausend Kostüme aus Japan und dem Rest der Welt. Jährlich werden vier Ausstellungen organisiert. In den Expos lernst du mehr über die verschiedenen Modeströmungen und sie vertiefen sich in ein bestimmtes Thema. Vielleicht nicht der schwungvollste Ort in Shinjuku, aber definitiv einen Umweg wert.

Shoppen im Viertel

Einkaufsstraße in Nishi-Shinjuku
Shoppen in Nishi-Shinjuku, Flickr: Nakashi

NAT Records (Plattenladen)

Ein Laden wie NAT Records erwartest du nicht sofort in dieser Umgebung. Besitzer Masanobu Itagaki hat eine exzellente LP-Sammlung. Seine Spezialität beschränkt sich vor allem auf die sechziger und siebziger Jahre des vorigen Jahrhunderts. Als notorischer Punkliebhaber hat er immer einige verborgene Perlen im Angebot.

Essen gehen in Nishi-Shinjuku

175° Deno (Dandan-Nudeln)

Nudeln schlürfen im Nudelrestaurant 175 Deno in Nishi-Shinjuku
Nudeln schlürfen bei 175° Deno, Flickr: Miki Yoshihito

Fan von Nudeln und Lust auf eine Fusion zwischen thailändischer und japanischer Küche? 175° Deno serviert schmackhafte Dandan-Nudeln mit schwarzer oder weißer Sesamsauce. Scharf oder nicht, dir läuft garantiert das Wasser im Mund zusammen. Hier kein Lätzchen zu tragen ist um Probleme bitten. Triff deine Vorsichtsmaßnahmen und schlürfe so laut du kannst.

Tenkichiya (Tempura)

In Shinjuku, einem der lebhaftesten Bezirke Tokios, findest du ausgezeichnete Tempura-Restaurants. Außergewöhnlich lecker, aber oft etwas teurer. Eine günstige Alternative ist Tenkichiya, im Untergeschoss des Nomura Building. Während des Mittagessens kann die Schlange draußen ziemlich anwachsen. Das Warten wird mit Top-Tempura belohnt. Ihre frittierten Auberginen, großen Garnelen und geröstete Leber schmecken himmlisch. Kombiniert mit Reis und Miso-Suppe hast du hier ein unvergessliches Lunch-Set für nur 1400 Yen. Nicht zögern, einfach anstellen und schlemmen!

Kanagari (warmer Sake- Fisch- und Reisrestaurant)

Der Duft von bezauberndem warmem Sake betäubt dich beim Hereinkommen. Kanagari verweist auf die spezielle Kochtechnik in Zinntöpfen, wodurch die Geschmäcker mehr als sonst freigesetzt werden. Dieses Restaurant ist ein besonderer Ort. Probiere den langsam gegrillten Fisch (Robatayaki) und den preisgekrönten Reis von Minakami (Gunma-Präfektur). Hier entdeckst du den tiefen Geschmack von Reis, den du niemals aus einer Bosto-Packung ziehen kannst. Es ist etwas Sucharbeit, denn Kanagari ist gut versteckt im dritten Stock eines diskreten Blocks. Versuche einen Platz an der Theke zu ergattern. Das wundersame Schauspiel des Sake-Kochens fasziniert grenzenlos. Einer der besten Essorte der Stadt!

Cafés, Kaffeehäuser und Bars

Counterpart Coffee Gallery (Kaffeehaus)

Hinter Tokyo Chuo Park, mitten in einem Wohnviertel, trinkst du den besten Kaffee von Shinjuku. Dieses Kaffeehaus ist bereits die zweite Filiale von Meister-Barista Suzuki. Er fordert mit dieser Mini-Bar die blühende Tokyo-Kaffee-Szene heraus. Wenn du in dieser Stadt gerne das schwarze Gold probierst, das japanische Baristas aus ihren Kaffeeröstern zaubern, verpflichte ich dich auf der Stelle zu einem Umweg für diese Kaffeebar.

Zoetrope (Whiskybar)

Die Zoetrope Whiskybar in Tokyo
Die berühmte Zoetrope Whiskybar ist ein Muss für Liebhaber, Flickr: Scott Edmunds

Ein Zoetrop ist einer der allerersten Animationsprojektoren aus dem 19. Jahrhundert. An der Innenseite der Scheibe stehen Bilder, die sich zu bewegen scheinen, wenn man sie dreht. Zoetrope in Shinjuku ist Tokyos bekannteste Whiskybar und durch ihre Popularität besteht sechzig Prozent der Kundschaft aus Touristen. Trotzdem tut dies der Atmosphäre und Authentizität keinen Abbruch. Einen echten einzigartigen japanischen Whisky findest du nur noch selten in den Fachgeschäften. Destillerien können die internationale Nachfrage kaum bewältigen. Besser fährst du nach Zoetrope und probierst hier den am besten bezahlbaren Whisky. Als Verbindung zum Namen der Bar projiziert der Besitzer alte Animationsfilmchen an die Wand.

Ich probierte dort den Taketsuru Nikka Whisky (die undatierte Version, die von siebzehn und einundzwanzig Jahren), eine besondere Begegnung mit einem gelungenen Whisky. Obwohl die Bar versteckt im dritten Stock liegt, ist sie schnell brechend voll. Rechtzeitig kommen ist die Botschaft.

Häufig gestellte Fragen (FAQs)

Warum wird Nishi-Shinjuku mit Manhattan verglichen?

  • Nishi-Shinjuku beherbergt elf der höchsten Gebäude Japans auf engstem Raum, was eine beeindruckende Skyline schafft, die Manhattan ähnelt. Das Viertel entstand hauptsächlich in den 1980er Jahren während Japans Immobilienboom und wurde bewusst als Geschäftszentrum im amerikanischen Stil konzipiert.

Lohnt sich der Besuch des Metropolitan Government Building trotz der Touristenmassen?

  • Absolut! Die kostenlose Aussicht vom 45. Stock ist spektakulär und an klaren Tagen kannst du sogar den Mount Fuji sehen. Geheimtipp: Die Mitarbeitercafeteria im 32. Stock bietet günstiges Essen mit fantastischer Aussicht und ist viel weniger überlaufen.

Wie navigiert man durch Shinjuku Station ohne sich zu verlaufen?

  • Shinjuku Station hat über 200 Ausgänge, das Verlaufen gehört fast dazu! Nutze die Farbkodierung der verschiedenen Linien, folge den englischen Schildern und plane extra Zeit ein. Das „Shinjuku-Auge“-Kunstwerk am Westausgang ist ein guter Orientierungspunkt und beliebter Treffpunkt.

Marco Logmans ist ein leidenschaftlicher Japan-Experte, der vor 20 Jahren zum ersten Mal Japan besuchte und dort sieben Jahre lebte und arbeitete. Mit viel Liebe für Japan teilt Marco gerne seine Erfahrungen und Eindrücke in seinen Artikeln.

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